Manchmal schaue ich erwartungsvoll in den Spamordner des Mail-Accounts, in der Hoffnung, dass vielleicht doch etwas anderes, schöneres, persönlicheres, intimeres dabei ist, als anstößige Werbung für längere Schwänze die noch länger stehen, als Jobangebote mit Millionengehalt (irgendwo in Afrika), als schlecht getextete Automatentexte, die mir Psychopharmaka aus chinesischen Onlineapotheken anbieten.
Jedes Mal steigert dieser Blick in die dunkle Welt der automatischen Werbeeinwürfe die Einsamkeit und Sehnsucht nach etwas anderem, schönerem, persönlicheren, intimeren.
(Codeine, Hydrocodone, Vicodin, XanexValuim - Winter Sale! - Ja, die Winterzeit ist eine harte Zeit, schön, wenn es jemanden gibt, der an dich denkt.)
Lieber tug als die SMS von letzter Nacht.
Immer wieder an diesem Laden vorbei gehen. In dem Laden steht eine Sie, die immer wieder, wenn ich an diesem Laden vorbei gehe, schaut und lächelt und manchmal winkt sie mir zu, ganz schüchtern, zurückhaltend, vorsichtig. Ich begegne ihr immer auf die gleiche Weise: Still zurück lächelnd, im steten Schritt weiter gehend und immer darüber nach grübelnd, ob diese Sie, die von sich aus einen gewissen Gefallen an meiner Erscheinung gefunden zu haben scheint, diese Sie, die nicht so ganz dem entspricht, was ich mir, natürlich rein äußerlich, von einer Sie erhoffe, aber trotzdem interessant wirkt, ob diese Sie also eingeladen werden möchte, zu einer Konversation bei Tee und Gebäck, bei Kerzenschein und leiser Musik oder ob es ihr einfach gefällt, jemanden zu sehen, der kein bedrucktes Autoschild von ihr erwerben möchte und sie deshalb eine Art Fernkontakt geknüpft hat, der ihr Tagwerk ein wenig leichter erscheinen lässt. Vielleicht hat E. recht, wenn sie sagt, dass ich zuviel über die Dinge nachdenke, sie förmlich zerdenke und vielleicht gehe ich morgen wieder vorbei und winke einfach mal, ganz unverbindlich und mit einer gewissen Lockerheit, die ich mir bis dahin noch antrainieren muss.
Wissenschaftler vermuten, dass die Weibchen auf konsistentes Verhalten, das für die Reproduktion wichtig ist, bei der Partnerwahl setzen, beispielsweise für die Futtersuche oder die Abwehr von Feinden.
Ein schwarzes Strickkleid, ein Paar lederne Stiefel, von denen einer auf dem Boden liegt und der andere mit nach rechts abgeknickten Schaft daneben steht, ein Paar halterlose Strümpfe, schwarz, eine zerwühlte Decke, ein paar Haare neben dem Kopfkissen, Hautschuppen darauf und der leichte Duft eines süßlichen Damenparfüms.
Von Lowtzow am Tasteninstrument, mit Stoffhund.
[taz]
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